Projektbeschreibung

Schonungslos ehrliche Texte von Betroffenen zeigen die Dimension und Tragweite von Verkehrsunfällen und gehen unter die Haut. Durch ihr Porträt geben sie den Unfallzahlen ein Gesicht. Es wird deutlich, wie schnell ein Unfall passiert, und welche tiefgreifenden Konsequenzen er für jeden einzelnen und seine Angehörigen bedeutet. Dem Betrachter soll bewusst werden, dass es jeden treffen kann und dass jeder eine Verantwortung sich selbst und seinen Mitmenschen gegenüber hat. 

Die Folgen eines Verkehrsunfalls gehen weit über nüchterne Fakten hinaus.

Betroffene

Verletzte und Hinterbliebene, die von einer Sekunde zur nächsten eine tiefgreifende Veränderung in ihrem Leben erfahren haben, und die mit ihren Narben, Schmerzen, Trauer, Wut und Hilflosigkeit weiterleben müssen.

Ersthelfer, die sich der Rettung des Lebens verschrieben haben, und die sich jeden Tag aufs Neue durch die Autotrümmer arbeiten: Rettungsflieger, Feuerwehrleute, Polizisten, Sanitäter, Ärzte… Menschen, die situationsbedingt bei einem Verkehrsunfall Erste Hilfe geleistet haben und diese Erfahrung zu verarbeiten haben.

Unfallverursacher, die aus unterschiedlichen Gründen in die Situation gekommen sind, einen Verkehrsunfall ausgelöst zu haben, und damit zurecht kommen müssen.

So unterschiedlich die Schicksale und Texte sind, eines verbindet alle Mitwirkenden: der Wille aufzurütteln, damit Ihnen, Ihrer Familie und Freunden … ein ähnliches Schicksal erspart bleibt.

Jeden kann es treffen, ohne Vorwarnung. Aber einige Unfälle könnten verhindert werden. Verantwortungsbewusst handeln, nachdenken, wie verhalte ich mich im Straßenverkehr.

In Sekunden passieren Dinge, deren schreckliche Konsequenzen man nie wieder rückgängig machen kann, auch wenn man es noch so sehr möchte. Gibt Termindruck das Recht zu rasen, ist es nötig, sich über Angeberverhalten im Straßenverkehr zu beweisen, hat man wirklich immer alles im Griff …?

Eine kleine Auswahl der Bilder und Texte

Sylvia und Uwe

Es war der 3. Mai 2005, an dem sich mein Leben so entscheidend veränderte. Bis heute ist es für mich unfassbar und unbegreiflich, warum es an dem Tag und genau so geschehen, wie es geschehen ist! Der 3. Mai 2005 war ein ganz normaler, schöner Dienstag. Morgens habe ich mich wie immer von meiner Tochter Gina verabschiedet. Sie lag noch im Bett. Wir sagten uns „Tschüß bis später“! Wie konnte ich ahnen, dass es unsere letzten Worte waren, und ich Gina nie mehr lebend wiedersehen würde …“

„… Sie lag auf einer Bahre in einem geschlossenen Leichensack, den sie erst vor meinen Augen öffneten. Diesen Anblick meiner Tochter in ihrem schönen schwarzen Kleidchen und Jeansjacke, in diesem ,Sack‘, als würde sie schlafen, werde ich wohl nie vergessen und ihr Vater wohl auch nicht! …“ „… Uns wurde gesagt, dass der Fahrer wohl zu schnell gefahren sei, gedrängelt und genötigt habe, bevor er im Britzer Tunnel die Gewalt über seinen getunten BMW verlor. Er berührte mit dem Reifen den linken Bordstein, drehte sich und knallte, etwa 100 Meter weiter, mit dem Heck in eine Nothaltebucht. Die einzige Nothaltebucht im ganzen Tunnel, hätte er die nicht getroffen … Gina saß hinten, war angeschnallt und hat sich bei dem Aufprall das Genick gebrochen. Sie war sofort TOT !…

Sven

Es war der 11.09.2000 etwa 18.15 Uhr als das Leben eines anderen Menschen schlagartig verändert war! Es war Ina Kutscher!

Sie machte gerade Feierabend und war auf dem Nachhauseweg, als ich ihr dann mit meinem Auto mit viel zu hoher Geschwindigkeit auf ihrer Spur entgegen kam, und was dann geschah war der pure Horror! Ich stieg fast unverletzt aus meinem Auto und sah das völlig demolierte Auto von Ina, sie rief um Hilfe -und ich gebe zu- ich war völlig hilflos! Ein Anwohner, der schnell am Unfallort war und auch schon alle Rettungskräfte gerufen hat, zog mich beiseite und sprach mit mir! Ich war völlig schockiert und dachte mir was hab ich nur getan – warum bin ich nur so schnell gefahren?!…“ „… Ich werde mit Sicherheit diesen Tag niemals vergessen und wenn ich könnte – ich würde es rückgängig machen! Ich möchte mich auch an dieser Stelle bei allen Hilfskräften der freiwilligen Feuerwehr Rüthen, den Sanitätern, die so schnell geholfen haben, bedanken! … Heute sehe ich das Ganze mit anderen Augen! Was bringt es einen zu schnell zu fahren!? Es bringt einen, wie schon gesagt, nicht schneller ans Ziel, und man geht das Risiko ein andere Menschen schwer zu verletzen und sich selber natürlich auch! …

Pia

Im Jahr 1999, Ostern sollte sich meine kleine Weltanschauung komplett verändern, denn ich lernte die Liebe meines Lebens kennen. Volker …“

„Aber unsere Zukunft wurde zerstört: Am 11. Oktober 2001 begann das schmerzhafteste und dunkelste Kapitel meines Lebens. An diesem Tag starb Volker. Er war mit Herz und Seele Straßenwärter auf der Autobahn in Wünneberg-Haaren gewesen und wurde an diesem Morgen um 7.23 Uhr beim Aufstellen einer Baustelle von einem viel zu schnellen Transporter angefahren, welcher durch die bereits abgesperrte Autobahnabfahrt fahren wollte. …“ „… Kurze Zeit später hörte Volkers Herz auf zu schlagen, und er starb in meinen Armen, die ich vorsichtig um ihn gelegt hatte. Seine Augen waren geschlossen, als ich ihn ein letztes Mal küsste. …

Mike

… Ich bin seit über 20 Jahren bei der Polizei, und irgendwie bekommt man ein Gespür dafür zu wissen, dass etwas Schlimmes passiert ist. Mein Gefühl sollte mich nicht täuschen. Nach circa ein bis zwei Minuten Anfahrt erreichten wir den Unfallort. Was sich uns dort bot, verschlug uns die Sprache. … Es sah aus als hätte vor wenigen Sekunden ein Krieg stattgefunden. Überall Trümmer, zerstörte Fahrzeuge, ein Container, der quer zur Fahrbahn stand, und ein Pkw beziehungsweise Reste davon, die auf dem Dach lagen…. „ „… Als ich mich dem Fahrzeug näherte, sah ich etwas Glänzendes nass auf die Straße laufen. Ich dachte, es wären Betriebsstoffe wie Öl oder Bremsflüssigkeit, die oftmals bei Unfällen auf die Straße laufen, aber nein – es war Blut. Ich stand in einem ,See‘ aus Blut, welches aus dem Auto lief. Ich kniete mich hin und versuchte, irgendwie an die offensichtlich schwer verletzten Personen zu kommen, um sie aus dem Fahrzeug zu ziehen. Trotz unserer Bemühungen gelang es uns nicht, die Insassen heraus zu bekommen, um ihnen erste Hilfe zu leisten. Woran ich mich trotz der langen Zeit immer wieder erinnere, ist, dass dieses junge Mädchen mit einem weißen Pullover bekleidet war. Ich kann mich deshalb daran erinnern, weil der Arm als Einziges aus dem Auto herausragte, und es war ganz komisch, der Ärmel dieses Pullover war völlig sauber, kein Dreck, kein Blut, der Ärmel war schneeweiß, als hätte ihn jemand erst nach dem Unfall dem Mädchen angezogen. …“ „Ich frage mich nach solchen Ereignissen dann immer, was hättest du besser machen können, wie kannst du beim nächsten Unfall oder Ereignis, bei dem Menschen verletzt wurden, besser helfen? Aber ich musste feststellen, es gibt dafür keinen Plan, weil die Situation immer wieder eine andere ist und sich immer wieder neu darstellt. Bis auf die Schaulustigen, die sind immer gleich. …

Ina

Ich möchte schreien. Ich bin völlig verwirrt, ich kann mich nicht bewegen, ich weiß nicht, wo ich bin, das gelbe Licht, der komische Vorhang, ich bekomme so schlecht Luft, ich ringe um jeden Atemzug, was für eine Anstrengung, das Atmen, warum muss ich überlegen, wie es geht, warum kostet es so viel Kraft? Bin ich gestorben, bin ich in der Hölle, muss ich so daliegen bis in alle Ewigkeit. Ich verliere das Bewusstsein. Es ist nach dem Unfall auf der Intensivstation, kurz nachdem die Ärzte den Beatmungsschlauch gezogen haben.“ „… Als ich das nächste Mal wach werde, schaut mich ein Arzt an. Ich realisiere, dass ich im Krankenhaus bin. „Es ist ein Unfall passiert, mir ist ein Wagen entgegengekommen,.. das ist der Grund, weswegen ich hier liege, stimmt’s?“, frage ich ihn, und er lacht und sagt: „Oh, zum Glück, da ist sie ja wieder!“ Ich ahne noch nicht, dass meine linke Körperhälfte zertrümmert ist. …